Whistleblower Richtlinie und das Hinweisgeberschutzgesetz
Um Hinweisgeber vor Repressalien zu schützen, verabschiedete die Europäische Union im Oktober 2019 die sogenannte EU-Whistleblower-Richtlinie. Ziel ist es, mehr Rechtssicherheit für Whistleblower zu schaffen, die Verstöße gegen europäisches Recht melden.
Für die Umsetzung der Richtlinie hatten die 27 Mitgliedsstaaten der EU nun rund zwei Jahre Zeit. Doch seit dem Stichtag am 17. Dezember 2021 hat sich in vielen Staaten leider (noch) nichts getan – auch in Deutschland nicht.
Ein Blick zu den europäischen Nachbarn
Richtig überraschend war das nicht. Transparency International zog bereits im März 2021 eine kleine Zwischenbilanz: Neun Monate vor dem Stichtag hatten die wenigsten der 27 Mitgliedsstaaten überhaupt den Bleistift gespitzt, um einen Gesetzesentwurf vorzubereiten. Lediglich die Tschechische Republik hatte dem Parlament zu diesem Zeitpunkt bereits einen entsprechenden Entwurf vorgelegt.
Doch da bekanntlicher Weise nur unter Druck Diamanten entstehen, zogen ein paar Mitgliedstaaten noch einmal an. Die Abschlussbilanz, die Transparency International pünktlich zum Stichtag veröffentlichte, bleibt dennoch ernüchternd: Nur fünf der insgesamt 27 Mitgliedstaaten haben die Ziellinie erreicht und ein nationales Gesetz zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet. Dänemark, Litauen, Malta, Portugal und Schweden teilen sich das Siegertreppchen im Schutz von Hinweisgebern.
Doch wie sieht es im Rest Europas aus? Blickt man zu unseren Nachbarn nach Frankreich kann man sich eigentlich nur wundern, da ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern im Kampf gegen Korruption bereits seit 2018 existiert. Darin ist unter anderem festgehalten, dass Unternehmen mit über 50 Beschäftigten einen Whistleblowing-Kanal einrichten müssen, der die Anonymität der Hinweisgeber wahrt. Inzwischen prüft das Parlament einen entsprechenden Gesetzesentwurf, doch genau wie in Estland und den Niederlanden wartet man hier noch auf eine entsprechende Verabschiedung der Gesetze.
Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland
Insgesamt liegen inzwischen in 14 europäischen Staaten Gesetzesentwürfe vor. Auch da ist Deutschland leider nicht mit dabei. Doch es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, denn immerhin hat es die EU-Whistleblower-Richtlinie zumindest schon einmal in den Koalitionsvertrag geschafft. Darin heißt es:
“Wir setzen die EU-Whistleblower-Richtlinie rechtssicher und praktikabel um. Whistleblowerinnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt […].”
Der aktuell rechtlich unsichere Schwebezustand ist für Unternehmen und Behörden mit vielen Unsicherheiten verbunden. Da das Inkrafttreten der nationalen Bestimmungen der Bundesregierung aber nur noch eine Frage der Zeit ist, sollten Organisationen bereits jetzt mit der Umsetzung der Richtlinie beginnen.
Einführung eines Hinweisgebersystems
Die Einführung eines vertraulichen Meldekanals ist dabei für viele Unternehmen der erste Schritt. Dafür stehen Organisationen drei konkrete Möglichkeiten zur Verfügung: Die Einrichtung einer telefonischen, für den Anrufer kostenlosen Hotline, die persönliche bzw. physische Zusammenkunft sowie die Einrichtung eines IT-gestützten Hinweisgebersystems. Auch wenn der Einsatz einer internen E-Mail-Adresse oder Telefonnummer auf den ersten Blick wie die einfachste und kostengünstigste Lösung scheint, bergen diese Kanäle große Risiken, gegen die Richtlinie zu verstoßen.
Experten empfehlen aus diesem Grund häufig die Einrichtung eines IT-gestützten Hinweisgebersystems, das eine verschlüsselte Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Fallbearbeiter jederzeit sicherstellt. Wenn die IP-Adresse des Meldenden bei dem eingesetzten System nicht gespeichert wird, ist auch dessen Identifizierung nicht möglich. So kann die Anonymität des Whistleblowers garantiert werden.
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